Zuhause in Wellington
37 Tage, so lang wie nirgendwo anders waren wir in Wellington. Wellington, die Stadt, die sich selbst als „the coolest little Capital“ bezeichnet, mit gerade einmal knapp 200.000 Einwohner aber nicht einmal so groß wie Bielefeld ist. 37 Tage, eine ganz schön lange Zeit inklusive Weihnachten, Jans Geburtstag und Silvester. Um Wellington auch nur ansatzweise gerecht zu werden müssten wir wahrscheinlich 4-5 Berichte schreiben, machen wir aber nicht. Erstmal.
Warum waren wir eigentlich so lange in Wellington?
Zum einen natürlich, weil die Stadt wunderschön ist und man hier ruhig eine Weile wohnen kann. Um ehrlich zu sein, tat uns die lange Zeit an einem Ort aber auch mal wieder ganz gut. Das ständige Reisen, die immer gleichen Gespräche mit anderen Reisen und all das was damit zusammenhängt ist auf Dauer auch anstrengend. Wir haben uns wirklich darauf gefreut mal wieder immer die gleichen Gesichter, die gleichen Straßen und gleichen Ecken zu sehen. Maurice und Nadine hatten uns außerdem mit dem Housesitten vertraut gemacht. Housesitten ist ähnlich wie Babysitten, nur dass man auf ein Haus “aufpasst” während die Besitzer im Urlaub sind. Die beiden hatten einen Housesitter-Job für 6 Wochen angenommen und da wir die Nordinsel zusammen erkunden wollten suchten wir uns auch ein Haus zum darauf aufpassen. Was in Deutschland kaum denkbar wäre, ist in Neuseeland ganz normal und so kam es, dass wir knapp 4 Wochen im Haus von Melissa, Gareth und ihren Töchtern Maya und Zoe leben durften. 2 Wochen waren wir mit Katze Daisy allein im Haus während sie über die Feiertage die Familie auf der Südinsel besuchten und weitere 2 Wochen tauschten wir unsere Arbeitskraft gegen ein Bett. Da sie erst vor wenigen Monaten frisch eingezogen waren gab es noch einiges zu tun. Wir schliffen alle Fenster und Türen der ersten Etage ab und strichen anschließend alles inklusive Wände und Decke – ein guter Job für eine schöne und kostenlose Unterkunft!
Wo fangen wir nun bei 5 Wochen Wellington an zu erzählen? Das wir ziemlich schnell eine gewisse Routine entwickelt haben und schon irgendwie einen geregelten Alltag hatten lassen wir hier mal vorne vor. Wir versuchen hier nun nur ein paar Highlights unserer Zeit in Wellington zusammenzufassen.
Craft Beer Capital
Nein, Wellington bezeichnet sich nicht nur als “the cooles little Capital”, sondern auch als das “Craft Beer Capital”. Die vielen kleinen Hausbrauereien und Bier Bars tragen ihr Nötiges dazu bei, dass der Name nicht zu viel verspricht. Lea und Gabe, die beiden “Wellingtonians” die wir in Kolumbien kennenlernten, wollten uns in die Craft Beer Szene von Wellington einführen und so ging es zunächst zum Garage Project. In der kleinen Hausbrauerei gibt es allerlei Gerstensaft zu verköstigen – vom einfachen Pils zum Ale mit Mango-Chili-Note ist hier alles vertreten. Das Tasting aller Sorten war kostenlos, aber natürlich wird erwartet, dass man anschließend ein Fläschchen mit nach Hause nimmt … Weiter ging es ins Rouge and Vagabond, wo wir Bier und Cider unter strahlend blauem Himmel in Sitzsäcken tranken. Jans Lieblingsbrauerei trägt seit neuestem übrigens den Namen “Yeastie Boys”. Nach einem vietnamesischen Abendessen ging es in noch zwei weitere Bars und dann wird die Erinnerung auch etwas schwammig …
Weihnachten im Sommer
Weihnachten war für uns immer der Inbegriff von Familie, Raclette und Schmuddelwetter. Unsere Ersatzfamilie haben wir ja zum Glück mit Maurice und Nadine bei uns, aber beim Rest hört es hier schnell auf. Sich bei um die 30 Grad mit Backen in Stimmung zu bringen fällt schwer. Dazu trüben salzige Butter und fehlender Vanillezucker unseren Versuch von Vanillekipferl …
Heiligabend wird in Neuseeland übrigens gar nicht gefeiert, sondern der Morgen danach. Wir haben es uns aber nicht nehmen lassen nach einem Strandbesuch trotzdem ein ordentliches BBQ Dinner zu veranstalten – mit Schinken, Steaks, Bierhähnchen und jeder Menge Gemüse vom Grill! Ganz anders als Zuhause, aber ein super guter Abend.
Geburtstag über Wellington
Und auf Weihnachten folgt … Jans Geburtstag! Da es für mich eher schwierig bis unmöglich gewesen wäre einen Geburtstagskuchen unauffällig zu backen war ich um so froher, dass das heute Nadine und Maurice übernehmen konnten. Als wir morgens zum Geburtstagsfrühstück kamen war alles schön dekoriert und der schokoladigste Schokoladenkuchen stand parat. Nach einem ausgiebigen Geburtstagsfrühstück entschieden wir uns dazu eine kleine Wanderung durch die Berge Wellingtons anzutreten. Es führte uns durch eine tolle Landschaft und irgendwie wurde letztendlich aus einer kleiner Wanderung eine etwa 5-stündige Wanderung. Völlig erledigt, aber glücklich endete der Abend dann früher als geplant nach einem Abendessen beim Inder.
Als VIP zum Konzert-Picknick
Jeden Sommer finden im Botanischen Garten von Wellington Konzerte statt – umsonst und draußen. Im 6. Januar war der erste Termin und wir natürlich dabei. Würde man sich ein solches Event in einer deutschen Großstadt vorstellen gäbe es wohl unzählige Futterbuden und Bierstände. Nicht so in Wellington. Wir waren fest davon ausgegangen, dass wir vor Ort essen würden – ok alle anderen aßen auch ihr selbstgepacktes Picknick – aber einzig und allein einen kleinen Kaffeewagen hatte es hier hin verschlagen. Wir mussten also mit Snacks von einem “kleinen Laden um die Ecke” Vorlieb nehmen. Das Konzert und die Atmosphäre waren super, nur unser Magen hätte mehr vertragen können …
Wie gut, dass Nadine im Internet vom “Meridian Gardens VIP” Gewinnspiel gelesen hatte: “Du und 9 Freunde verbringen ein Konzert im VIP Bereich mit Picknick-Korb, Goodi Bag usw …” Ok, da machen wir natürlich mit. Und noch am selben Tag flattert mir eine Mail mit der Gewinnbenachrichtigung herein! Was für ein Glück!
Nun kennen wir zumindest schon genug Leute die jemanden kennen, die jemanden kennen und sind letztendlich zu neunt. Wir hatten wirklich nicht all zu viel erwartet, aber als wir auf die Wiese betraten verschlug es uns schon etwas die Sprache. Ein mit rotem Samtband abgetrennter Bereich war für uns vorbereitet. Wir hatten Sitzsäcke, einen prall gefüllten Picknickkorb, Getränke und jeder von uns eine Goodie Bag. Wow, was für eine Überraschung! Wir verbrachten einen langen Abend mit gutem Essen und schöner Musik.
Ach und dann war da ja noch die Sache mit dem Diplomaten …
Dieses Thema könnte auch einen eigenen Beitrag bekommen, aber erstmal schafft es hier nur die Kurzfassung. Für unseren bevorstehenden Trip zu viert über die Nordinsel brauchten wir einen fahrbaren Untersatz. Mieten ist hier ganz schön teuer und öffentliche Verkehrsmittel sind uns zu unflexibel. Schnell war klar, dass ein Autokauf der günstigste Weg sein würde. Wir schauten uns viele Autos an und nach vielen Beratungen und Ferndiagnosen vie Skype und Whatsapp mit Nadines Bruder, der glücklicherweise KFZ-Mechaniker ist, fiel die Wahl letztendlich auf einen Mazda Capella. Für 1000 NZ$ (etwa 660 Euro) ging die verbeulte Kiste in unseren Besitz über. Auf Grund seiner Form und der kleinen Fähnchenhalterung an der Front tauften wir ihn den “Diplomaten”.
Neben all dem haben wir in Wellington unseren Liebligs-Burgerladen “Ekim Burger” gefunden, sind zum einsamen Seelöwen bei den Red Rocks gewandert, haben viele Strände erkundet, waren in den Weta Caves wo sämtliche Special Effects für die Herr der Ringe und Hobbit Filme entstanden, wir haben uns die Stadt vom Mount Victoria angesehen und uns kläglich auf Leas Geburtstagspicknick im Cricket versucht (die Regeln haben wir noch immer nicht verstanden), wir waren ganze drei Mal im wohl besten und kostenlosen Museum Nationalmuseum überhaupt: Te Papa, sind unzählige Male durch die Einkaufsstraße Cuba Street gewandert und haben Silvester über den Dächern von Wellington verbracht.
Ja und so hieß es dann nach 5 Wochen Abschied nehmen von der coolsten kleinen Hauptstadt – Wellington. Wir stopften sämtliches Hab und Gut und zwei neue, alte Zelte in unseren Diplomaten und machten uns auf den Weg die Nordinsel Neuseelands zu erkunden …
<3