Autokauf in Sydney. Also fast.
Es gibt verschiedene Wege Australien zu erkunden, aber einer der günstigeren und zugleich spannendsten ist wahrscheinlich der des Selbstfahrers. Unendliche Weiten, die unberührte Natur und zahllose kostenlose Campingplätze laden gerade dazu ein Australien mit Camper zu entdecken.
Der Plan für den eigenen Camper stand schon eine ganze Weile vor unser Ankunft in Australien. Wenn man für insgesamt 3 Monate in Australien unterwegs sein will macht es so gut wie keinen Sinn sich ein Auto zu mieten. Bei 50 € pro Tag macht sich so ein „alter, gebrauchter“, den man im Idealfall ja auch wieder verkauft nach wenigen Tagen bezahlt. Das Anmelden, die Versicherung, alles kein riesiges Problem in Australien, nach ein bisschen Recherche stand also fest: Wir kaufen einen Bulli! Nina wollte eh schon immer einen und ich habe auch nichts dagegen wenn ich nachts meine Beine vernünftig ausstrecken kann. Zwar hätte ich einen dicken Jeep mit Allradantrieb und Zelt auf dem Dach verlockender gefunden, Preise um die 8-10 Tausend Dollar für ein Auto mit knapp 300.000 km, ließen uns dann aber doch recht schnell nach einem Bulli schauen …
Wo sucht man ein Auto für Australien?
Natürlich im Internet, da wo man alles sucht. Es gibt zwar auch einige Hostels, die bei der Suche innerhalb Sydneys behilflich sind bzw. seien sollen. Aufgrund mittelguter bis schlechter Bewertungen schlossen wir diese Möglichkeit aber fast direkt wieder aus. Auch bloß mittelgut bewertet ist der „Sydney Traveller Car Market“. Berühmt berüchtigt liegt dieser inzwischen „private“ Händler in einer Tiefgarage mitten in Sydneys „Szene-Backpacker-Viertel“ Kings Cross. Früher wohnten hier wohl etliche Autoverkäufer zum Teil über Wochen in der Tiefgarage um ihr Auto zu verkaufen. Heute bezahlen interessierte Verkäufer 60$ pro Woche dafür, dass ihr Auto hier zum Verkauf angeboten wird. Im Internet immer wieder erwähnte zweifelhafte Machenschaften in Kooperation mit einer Werkstatt ganz in der Nähe ließen uns einen besonders kritischen Blick in die zweite Etage der Tiefgarage werfen. Auch wenn gerade beste Reisezeit war (evtl. auch gerade deswegen) gab es nicht einen einzigen Bulli zum Ansehen. Ein paar Autos waren dort, aber alles recht teuer und nicht wirklich das wonach wir gesucht hatten. Als wir gerade gehen wollen kam zwar ein Bulli, dieser war allerdings schon so „verranzt“, dass wir uns eine nähere Inspektion schenkten und lieber auf eigene Faust weitersuchten.
Gumtree eine Tochterfirma von eBay bietet dem interessierten Autokäufer eine breite Auswahl an Autos, Bullis und Jeeps. Zwei Anrufe und ein paar Bahnstationen später sehen wir Stanley das erste Mal.
´97 Stanley
Stanley: Mitsubishi L300, Baujahr ‘97, weiß und prinzipiell gut in Schuss. 270.000 km auf der Uhr, fährt mit LPG-Gas. Ben, sein Vorbesitzer, verkauft ihn bloß, weil er ihn nicht mehr braucht und weil seine Freundin ein neues Auto gekauft hat. Die beiden sind sympathisch und Stanley auch. Einziger Makel: Er fährt auf Gas.
Leider nur auf Gas. Der Tank reicht allerdings gerade 250 km, das ist für das was wir uns vorgenommen haben viel zu wenig. Die Spritpumpe sei defekt, eine neue kostet nicht die Welt. Um uns das bestätigen und um jemanden mit Ahnung einmal drüber oder besser drunter gucken zu lassen fahren wir zu einem Autoschrauber. Kernaussage dort: „Das Auto ist gut. Den Tank bekommt ihr für 300-400$ wieder in Gang und dann steht dem Trip nichts im Weg.“
Wir entscheiden uns noch eine Nacht darüber zu schlafen, besichtigen noch einen anderen Bulli und entscheiden uns schon am Abend, dass wir mit Stanley Australien erkunden werden.
Gut gelaunt und bester Dinge holen wir Stanley ab, fahren ein paar Kleinigkeiten kaufen und überlegen was man wie an Stanley noch alles verbessern könnte. Während Nina sich Gedanken um farbliche Akzente und die Innenraumgestaltung macht denke ich über neue Reifen, ein Radio und sonstigen Quatsch nach. Es folgt die erste Nacht seit über 2 Wochen mit ausgestreckten Füßen, Stanley ist ein prima Wohnzimmer, wir sind glücklich und zufrieden. Glücklicherweise haben wir nicht direkt alles bestellt, gemacht und getan …
Als wir mit Stanley den nächsten Tag bei einem anderen Mechaniker vorstellig werden, rät er uns ohne den Wagen gesehen zu haben dazu ihn wieder los zu werden.
„Wenn die Spritpumpe verrostet ist, ist es sehr wahrscheinlich, dass auch die ganzen Leitungen Rostspuren haben. Damit kommt ihr wenn man nur den Tank wechselt nicht wirklich weit… Ja klar, man kann auch die ganzen Leitungen wechseln das kann dann gut und gerne 2000 $ und mehr kosten – fängt man einmal an läppert sich das, außerdem entdeckt man vermutlich noch andere Baustellen.“ Ein herber Schlag in die Magengrube, das wollten wir jetzt nicht hören und auch nicht wirklich wahr haben. Auf zur nächsten Werkstatt.
„Hallo wir haben einen Bulli gekauft und würden gerne wissen was es kostet den Tank zu wechseln.“
„Ihr kauft einen nicht fahrbereiten Bulli?“
„Bisher haben wir bloß angezahlt“
„Ich sag euch was, bringt das Auto zurück und sagt dem Verkäufer er soll es reparieren. Wenn ihr damit anfangt kann sich das zu einer never-ending-story entwickeln, da fahrt ihr später nur von Werkstatt zu Werkstatt und das wollt ihr nicht.“
Ne wollen wir natürlich nicht. „Würden Sie dennoch einen Blick drauf werfen, damit wir bei einer eventuellen Rückgabe auch argumentieren können?“
„Wenn ihr morgen um 7:30 Uhr hier seit gucke ich sogar gratis, immerhin wollt ihr Australien erkunden und das will ich unterstützen.“
Auch wenn er super nett war, war das nicht das was wir uns gehofft hatten zu hören. Geknickt und traurig fahren wir zurück, klammern uns aber noch immer an den Gedanken, dass morgen ja auch alles gut werden könnte.
Tag der Wahrheit
7:30 Uhr, wir sitzen in einem schicken Café nebenan steht Stanley auf einer Hebebühne.
Der Cappuccino schmeckt fantastisch, die Sonne scheint, der Gedanke, dass wir die letzte Woche verschwendet haben könnten macht sich breit. Die Freude auf Australien ist auf ein Allzeit-Tief gefallen. Nina schlägt vor einfach früher nach Neuseeland zu fliegen. Der Gedanke klingt logisch immerhin sind es bloß noch 5 Wochen bis wir spätestens geflogen wären, wenn man da jetzt noch eine weitere Woche mit der Autosuche verbringt und sich anschließend die Ostküste hoch hetzt – nein, das wär ja auch nichts.
Von nebenan winkt jemand, ein Zettel in seiner Hand lässt Schlimmes ahnen. Als er anfängt aufzuzählen was alles gemacht werden müsste höre ich nach dem 4. Punkt schon nicht mehr richtig zu. Stanley kommt wieder zurück und wir fliegen nach Neuseeland. Ist doch auch ein Plan. Wir lassen 20$ in der Kaffeekasse, machen uns wieder auf den Weg zum Campingplatz, wecken Ben, erklären alles, sind traurig und glücklich zugleich als er zusichert den Wagen zurückzunehmen. Irgendwie extrem unzufrieden und zugleich auch glücklich mit einem blauem Auge davongekommen zu sein geben wir Stanley am nächsten Tag ab, buchen einen Flug nach Neuseeland und schlafen eine weitere Woche im Zelt. Irgendwie auch schön so ein Zelt, kann gar nicht kaputt gehen.