Verloren im Nirgendwo

Forgotten World Highway

Der Forgotten World Highway ist die Verbindungsstraße zwischen den Orten Stratford und Taumarunui und damit auch unsere Wahl auf dem Weg vom Taranaki zum Tongariro Nationalpark. Für den Weg könnten wir auch den gut ausgebauten Highway 3 entlang der Küste nehmen, aber wer würde schon so einen verheißungsvollen “Highway” umfahren? Wir entscheiden uns für die 15o Kilometer die zum Teil nur aus Schotterstraßen bestehen und für die man gut 3 Stunden einplanen sollte. Was uns hier erwarten wird wissen wir im Grunde gar nicht. Angeblich befahren den Forgotten World Highway gerade einmal 150 Autos am Tag – heute sind wir eines davon.

Wir packen unsere Zelte zusammen und starten früh in Richtung Stratford, der Forgotten World Highway ist hier allerdings nur so klein und unauffällig ausgeschildert, dass wir prompt im Kreisel an der Ausfahrt vorbei fahren. Beim zweiten Mal klappt es dann und schon sind wir drauf. Die ersten Kilometer sind gar nicht so “forgotten” wie man glauben würde, es gibt zwar keine Ortschaften aber immerhin eine geteerte Straße – das hatten wir schon einsamer.

Wir werfen noch einen letzten Blick auf den noch wolkenlosen Taranaki und fahren eine Weile durch eine schöne grüne Hügellandschaft, die so auch als Drehort für den Hobbit hätte dienen können.

Durch die Hügel und Berge winden wir uns rauf und wieder runter, der Diplomat beschleunigt und bremst, schaltet und bremst … Irgendwann bemerkt Maurice, dass unsere Kühlertemperatur gefährlich ansteigt. Gut, dass er in Indien schon gelernt hat wie man eine professionelle Motorkühlung baut. Mit Hilfe einer aufgeschnittenen Flasche und einem Seil bleibt die Motorhaube auf und der Fahrtwind hilft bei der Kühlung – danke Indien.

Nach guten 60 Kilometern erreichen wir die Republik Whangamomona. Es ist auch mal an der Zeit für eine Pause und so lassen wir den Diplomaten mit offener Motorhaube auskühlen während wir uns den Ort, ähm die Republik anschauen. Im Jahr 1989 sollte der Ort geteilt und zwei unterschiedlichen Verwaltungsregionen zugeordnet werden daraus entwickelte sich ein so großer Wiederstand, dass kurzerhand die Unabhängigkeit ausgerufen wurde.

Der Ort mit seinen rund 170 Einwohnern wirkt wie eine alte Wild West Stadt in der die Zeit stehen geblieben ist. Zwischen den Gebäuden, die alle um das Jahr 1900 errichtet wurden stechen vor allem das Postamt und das Hotel heraus und versprühen den Charme dieser vergangenen Zeit. Vor dem Hotel sitzen ein paar Touristen, es hat sich über die Jahre als Restaurant, Museum und Dorfmittelpunkt etabliert. Eine gute halbe Stunde schauen wir uns hier um und lesen die kleinen Infotafeln dann haben wir aber auch soweit alles erkundet und hoffen, dass der Diplomat wieder bei Kräften ist.

Die Landschaft wird immer grüner und hügeliger. Als wir ein Schild mit der Aufschrift “Ghost Town” erblicken nehmen wir einen etwa 10 Kilometer Abstecher gern in Kauf. Über eine kleine Schotterpiste fahren wir landeinwärts bis sich die Straße teilt, links geht es zu einem Campingplatz und rechts stehen 3 zu unserer Überraschung noch bewohnte Hütten.  Die Geisterstadt hält was sie verspricht und ist so geisterhaft, dass wir sie nicht einmal sehen … Angeblich haben hier früher bis zu 2000 Personen gelebt. Wo und wie bleibt uns allerdings schleierhaft.

Wir fahren weiter durch einen einspurigen Tunnel, die Temperatur steigt wieder stark und wir gönnen uns nun eine Mittags- und dem Diplomaten eine Schattenpause. Wir hoffen, dass eine halbe Stunde zum Abkühlen reichen würde, aber bereits nach kurzer Weiterfahrt sind wir erneut im roten Bereich angekommen.

Was nun? Überhitzen ist natürlich Mist, mitten im Nirgendwo ohne Handyempfang und mit nur ein paar wenigen vorbeifahrenden Autos ist es aber noch mal ungünstiger. Natürlich kennt sich hier niemand von uns wirklich aus und so bleiben wir erstmal stehen und hoffen auf die kompetente Hilfe von Vorbeifahrenden. Glücklicherweise hält ein netter Herr mit mehr Autokenntnis an. Ein Schlauch am Kühler ist ab, er empfiehlt uns bei laufendem Motor Wasser in den Vorratsbehälter zu schütten und langsam weiter zu fahren. Gesagt, getan, weiter geht’s.

Weiter geht’s? Ja von wegen nach gerade einmal 500 m ist die Temperatur höher als je zuvor und wir haben Bedenken auch nur einen Meter weiterzufahren. Ach Diplomat! Gut, dass wir eine Art ADAC-Versicherung abgeschlossen haben. Blöd nur, dass wir dort Mangels Handyempfang jetzt nicht anrufen können. Kurzerhand wird eine asiatische Reisegruppe angehalten, wir werden mit frischem Wasser und dem Versprechen man würde für uns den AA (das neuseeländische Pendant zum ADAC) anrufen zurückgelassen. Tja, so stehen wir also ziemlich genau in der Mitte vom Nirgendwo mit der Ungewissheit ob nun Rettung naht oder nicht.

Die Zeit vergeht und wir beschließen den Motor dann doch noch einmal zu starten. Die Temperatur ist runtergegangen und wir tuckern langsam weiter in Richtung Zivilisation. Als wir die erste Farm erspähen fragen wir direkt nach einem Telefon, um den Pannenservice abzubestellen. Hinter der nächsten Kurve soll es wieder Empfang geben, also nichts wie hin.

Tatsächlich war der Anruf schon beim AA eingegangen, aber um Hilfe zu schicken hätte eine Kreditkarte mit 150$ hinterlegt werden müssen. Da hätten wir ja lange warten können …

Als wir kurz nach 17 Uhr in Taumarunui einrollen haben natürlich schon alle Mechaniker geschlossen und wir beschließen eine Nacht in dem Ort zu verbringen und nicht wie Anfangs gedacht bis zum Tongariro Nationalpark zu fahren. Es gibt nur einen Campingplatz hier und der ist so unverschämt teuer, dass wir kurzzeitig schon überlegen einfach im Auto zu schlafen. Erstmal wollen wir aber essen, das Angebot ist nicht groß und so landen wir letztendlich in einem chinesischen Imbiss. Auf dem Weg hatten wir schon mehrere Motels entdeckt und nach einem mit Schnäppchenpreis von 170$ landen wir bei Jamie. Jamie hat erst vor kurzem sein Hostel mit angeschlossenem Fitnessstudio eröffnet, er führt es mit der gesamten Familie. Er hat Mitleid mit uns – da ihm exakt das gleiche auf dem Forgotten World Highway passiert war – und bietet uns ein kleines Abstellkämmerchen Hinterzimmer zum fairen Preis an.

In der Zwischenzeit gehen viele Skypeanrufe und Whatsapp-Nachrichten zwischen uns und Nadines Bruder hin und her. Dank seiner Ferndiagnose können wir das Kühlerproblem (Luft im Kühler) lösen und sind bereit morgen früh zum Tongariro durchzustarten!

Ach Forgotten World Highway … ansonsten warst du ja ganz wunderschön …

Kommentare
2 kommentare zu “Forgotten World Highway”
  1. Marina sagt:

    Hallo ihr Beiden, seit heute gibt es hier Internet. Habe Glueck das der Platz nun auch mal frei ist. Mit Whats App klappt es nicht, sogar die Telekom Leute haben es nicht hin bekommen.Wo bei ich den Verdacht habe das sie mir nur einen neuen Vertrag verkaufen wollten. Ok dann koennen wir halt nur ueber Umwege was von einander hoeren. Euch nun noch eine schoen Zeit in Asien und ich freu mich schon so auf euch. Passt nun den Rest der Reise noch gut auf euch auf. Schoen das ich euch so wenigstens mal schreiben kann. Mit den E-mailkonten haben sie hier noch ein Problem und sobald das geht schreibe ich euch dann darueber. Dicken Druecker Mama

  2. Marina sagt:

    Ich freu mich auf EUCH!!!!
    Guten Rueckflug und fuehlt euch gedrueckt!!!

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